15.06.2023, 19:15 - 20:45 Uhr

Webinar ‹Mission-Colonialism Revisited›

Wie erlebten indische Kinder die strenge Disziplin in den Internaten der Basler Mission im südlichen Indien? Wie verkrafteten Kinder aus Missionsfamilien die erzwungene Trennung von den Eltern? Diesen Fragen gehen zwei Historikerinnen aus Basel und Delhi nach. Sie berichten über Kindsein und Kindheit im Umfeld der Basler Mission im 19. Jahrhundert, in unterschiedlichen kulturellen Kontexten.

Im aktuellen Webinar der Reihe «Mission-Colonialism Revisited» geben Dr. Dagmar Konrad von der Universität Basel und Dr. Divya Kannan von der Shiv Nadar Universität in Delhi Einblick in ihre Forschungen. Beide haben zu Kindern und Kindheiten in der Einflusssphäre der Basler Mission in der Kolonialzeit geforscht. Ihre Ergebnisse aus ganz unterschiedlichen kulturellen Kontexten erhellen und ergänzen sich gegenseitig.

Die deutsche Kulturwissenschaftlerin Dagmar Konrad erforschte in ihrem neuen Buch «Missionskinder», wie Kinder von Missionspaaren im Alter von sechs Jahren aus den Missionsgebieten in Südindien, Westafrika und Südchina nach Europa geschickt wurden. Die Kinder wurden in einen ihnen völlig fremden kulturellen Kontext versetzt, und Eltern und Kinder sahen sich jahrzehnte- oder lebenslang nicht wieder. Entfremdung, emotionale Distanz und letztlich gebrochene Familienbiografien waren häufig die Folgen. Wie erlebten ‘kinderlose’ Eltern und ‘elternlose’ Kinder diese Trennung über Kontinente hinweg? Wie verkrafteten die Kinder den Wechsel aus den Missionsgebieten ins unbekannte Europa – ein Leben in zwei oder mehr Kulturen?

Die indische Historikerin Divya Kannan untersucht die Erlebnisse indischer Kinder in den Internaten und Waisenhäusern der Basler Mission in verschiedenen Teilen des britisch beherrschten Malabar im heutigen Südindien (Bundesstaat Kerala). Bei vielen Gelegenheiten wehrten sich die Kinder gegen die herrschende strenge Disziplinarordnung und das Arbeitsregime. Divya Kannan zeigt auf, wie die Bildung armer Kinder im kolonialen Südindien von Ambiguität und rassistischen Spannungen geprägt war, die sich aus dem kolonialen Kontext ergaben, auch wenn das Christentum neue Vorstellungen von Moral, Pädagogik und Arbeitsethik mit sich brachte.

Dr. phil. Dagmar Konrad studierte Empirische Kulturwissenschaft und Ethnologie in Tübingen und promovierte 1999 mit einer Arbeit über die sogenannten „Missionsbräute“ der Basler Mission. Es folgten Lehrtätigkeiten an den Universitäten Basel, Tübingen, Jena, Bremen und Dortmund. Sie forschte u.a. zu Missionskindern (Universität Basel) und zur Provenienz von Objekten des Museums der Kulturen Basel. Im April wurde ihr neustes Buch „Missionskinder. Migration und Trennung in Missionarsfamilien der Basler Mission des 19. Jahrhunderts“ publiziert.

Dr. Divya Kannan ist Assistenzprofessorin in der Abteilung für Geschichte und Archäologie an der Shiv Nadar University in Delhi. Sie promovierte in moderner indischer Geschichte an der Jawaharlal Nehru University und forscht mit Fokus auf Südasien zur Geschichte von Kindheit und Jugend, Kaste, Gender und Sexualität, Imperien und koloniale Gewalt, Bildung und Pädagogik. Sie ist ausserdem Mitbegründerin und Mitveranstalterin des Critical Childhoods and Youth Studies Collective (CCYSC), das Akademikerinnen und Praktikerinnen zusammenbringen will, die mit und über junge Menschen in ganz Südasien arbeiten.

Moderation und Konzept: Claudia Buess, Leiterin Bildungsveranstaltungen, Mission 21.

Referate auf Deutsch und Englisch, Übersetzung auf Deutsch und Englisch 

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