Autorin: Maria Regli, Leiterin Fachstelle Bildung kath. Kirche Biel

Mehr als fünfzig Teilnehmende besuchten die Lesung von Lorenz Marti zum Thema: «Der innere Kompass». Die Vögel vertrauen ihm, sagte Marti. Sie nehmen die Erdmagnetfelder wahr und orientieren sich danach. Die Menschen haben sich von ihrem inneren Kompass entfremdet. Was der Mensch aber den Vögeln voraus hat, ist, dass er lernen kann. Das mache den Menschen zum Menschen, sagte Marti. Er kann über sich nachdenken. Und so seinem inneren Kompass wieder auf die Spur kommen. Nicht nur durch Denken. Aber auch. Was er damit meint, beschreibt Marti in seinem spannenden Buch. Zu lesen bevorzugt häppchenweise. Jeden Abend ein Kapitel. Das macht den Blick weit und – glücklich. Ja, lernen produziere Glückshormone, sagte er. Ich jedenfalls habe viel gelernt und nach der abendlichen Lektüre gut geschlafen.

 

Zwischen den Worten Martis spielte Martina Kirchner auf der Querflöte. Wort und Musik. Was war zuerst? Mit Musik – dem Urklang – hat alles angefangen, zitierte Marti den französischen Wissenschaftsphilosophen Michel Serres. «Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort», steht im Neuen Testament (Joh. 1,1). Was stimmt denn jetzt? Ein Widerspruch zwischen Wissenschaft und Religion? Nein, denn kein (gesprochenes) Wort ohne Klang. Und so haben Wort und Musik an diesem Abend dazu beigetragen, einen Raum in uns zu öffnen, der uns ahnen lässt, dass es ein Mehr gibt, als das die reale Welt vorgibt. Dieser Raum entstehe eher durch Ahnen, als durch Wissen, eher durch den Versuch, als durch die Gewissheit, eher durch Fragen, als durch Antworten, sagte Marti. Am Schluss dieses stimmigen Abends war es mir, als ob sich in mir ein ebensolcher Raum geöffnet hatte, ein «Weltinnenraum» (Rilke), der mich wieder auf die Spur brachte zu meinem eigenen inneren Kompass.