Das sagt Alicia Natunkuma, eine Transfrau aus Uganda.

Noch vor ein paar Jahren hätte es vielleicht hier zulande ganz ähnlich getönt. Vielleicht ist es für manche in Westeuropa auch heute noch so. Klar, es gibt wesentliche Unterschiede: «In Uganda gibt es eine starke Kriminalisierung von LGBT-Personen, aber für Transgender-Leute ist es noch schlimmer. Es gibt keine Gesetze, die uns irgendwie schützen», sagt Alicia.
Klar, das ist in Westeuropa anders und wurde in den letzten Jahren stets verbessert. Als nicht binäre trans Person bin ich dankbar, in der Schweiz leben zu dürfen, zu einer Kirche zu gehören, die sich je länger je mehr bemüht, queeren Menschen gerecht zu werden. Anderswo kann es tödliche Folgen haben, queer zu sein und sich für die eigenen Rechte einzusetzen: Ryan Kollano aus Kenia setzt sein Leben täglich aufs Spiel, um für bessere Bedingungen von LGBT-Menschen in Kenia zu kämpfen. Von den 7 Menschen seiner Menschenrechtsorganisation wurden 4 getötet, 2 tauchten unter, Ryan ist als einziger übriggeblieben. Die Queerfeindlichkeit in Kenia wird massiv von der Kirche beeinflusst. Ryan sagt: «Würde die Kirche Toleranz und Akzeptanz predigen, auch für LGBT-Menschen, dann könnte sich schnell vieles zum Besseren wenden.»

Die Ausstellung „Verschaff mir Recht“ findet in einem kirchlichen Rahmen statt.
Hierzulande ist so etwas möglich. Ich bin dankbar, dass ich in der Schweiz für mehr LGBT-Rechte kämpfen darf, die auch noch nicht alle erreicht sind. Die Ausstellung eröffnet einen Fokus auf das Unrecht, das andere erleiden, wir sehen hin. Dieser Blickwinkel ist wichtig und legitim. Wer kann, wird hinterher vielleicht noch eine Spende an Queeramnesty schicken.

Doch glaube ich nicht, dass es richtig ist, dabei stehen zu bleiben. Es ist wichtig, den Blick zu schärfen und auf die Queerfeindlichkeit in unserer unmittelbaren Umgebung zu richten. Vor kurzem wurde in Deutschland der evangelische Pastor Olaf Latzel vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Er hatte gelebte Homosexualität als «todeswürdiges Verbrechen» bezeichnet. Das Gericht folgte dem Gutachten eines Theologieprofessors, der Latzels Äusserungen als von der Bibel gedeckt bezeichnete. So fallen sie gemäß dem Urteil unter die Religionsfreiheit.
Es ist also legitim, gestützt auf die Bibel queere Menschen als teuflisch zu bezeichnen und ihre Lebensweise zumindest metaphorisch mit der Todesstrafe in Zusammenhang zu bringen. Eine solche Aussage, hat das Gericht festgestellt, gehört zu einer möglichen Ausprägung der christlichen Religion.
Das Gericht hat wahrgenommen, dass es solche Positionen in den Kirchen gibt und sie dort toleriert und nicht delegitimiert werden. Wollen wir, dass solche Aussagen in Zukunft nicht mehr möglich sind, ist es an den Kirchen selbst, hier Klarheit zu schaffen und solch menschenfeindliche Positionen zu verurteilen und nicht weiter zu pflegen, sie als mit der christlichen Botschaft unvereinbar zu bezeichnen und zu ächten.

Das Beispiel stammt aus der evangelischen Kirche in Deutschland. Ob es hierzulande besser ist? Ich erinnere an die Aussagen des früheren Bischofs von Chur, Vitus Huonder über Homosexualität aus dem Jahr 2015, die in eine ähnliche Richtung gingen. Nach dem Urteil gab es in der evangelischen Kirche in Deutschland viele Solidaritätsbezeugungen mit der queeren Communitiy. Das ist ermutigend, aber nicht genug.

Wenn wir uns Christen nennen, müssen wir klar benennen, dass Äusserungen wie die Latzels, nicht mit der Haltung des Mannes übereinstimmen, auf den wir uns berufen. Gefordert sind wir alle, egal an welcher Stelle wir stehen, oben oder unten. Wir müssen Stellung beziehen, Diskussion, Streit und Engagement wagen.

Vielleicht kann diese Ausstellung über das Gezeigte hinaus dazu beitragen.

ELISHA SCHNEIDER

 

Eine Ausstellung mit Engagement für Frieden und Respekt 

Frieden erwächst aus Respekt und beginnt vor der eigenen Haustüre – ja, auch in den eigenen vier Wänden. Darum wollen wir den Blick auch auf die Kirchen richten, auf unser Zusammenleben. In Kooperation mit dem kath. Pastoralraum Biel-Pieterlen regt der Arbeitskreis für Zeitfragen mit einer Ausstellung, Filmen und Gesprächen und einer queeren Pfingstfeier zu Frieden und Respekt an. 

Mit der Ausstellung «Verschafft mir Recht» wird der Umgang mit homosexuellen Menschen in der Kirche thematisiert. Denn in mehr als 70 Ländern der Welt sind gleichgeschlechtliche Handlungen derzeit strafbar. Die Strafen reichen von Geldbussen über mehrjährige Haft bis hin zur Todesstrafe, was auch LGBTIQ Menschen veranlasst, zu fliehen.  

In der Ausstellung werden lesbische, schwule, bisexuelle und transgender Katholik*innen porträtiert. Sie erzählen von ihren Erfahrungen, von Angst und Repressionen und von der Kraft des Glaubens. Begleitend zur Ausstellung laden wir zu zwei Filmabenden und einer Gesprächsrunde zu Bibel und Homosexualität ein. Die Ausstellung wird von der reformierten Kirchgemeinde Nidau, dem katholischen Pastoralraum Biel-Pieterlen, dem Verein Dahlia für sexuelle Rechte im kirchlichen Kontext und dem Arbeitskreis für Zeitfragen gemeinsam organisiert.  

Am Frieden zu arbeiten, heisst im aktuellen sozialen, zivilgesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Kontext anzusetzen. Denn Frieden fängt im Alltag an: Beim Wahrnehmen des Gegenübers, in der Weite des Gebets, im Denken und im Handeln, aber auch im Mut, anders zu denken und im konkreten Respekt gegenüber Mitmenschen und ihren Lebensweisen.  

Peter Bernd, Noël Tshibangu, Luzia Sutter Rehmann 

Ausstellung “Verschafft mir Recht” 

Vernissage, 3. Juni, ab 18 Uhr, Ring 3 | im Rahmen des First Friday in der Altstadt
Flyer Verschaff mir Recht

Rahmenprogramm:

Queere Pfingstfeier  - Queer Spirit Edition
5. Juni, 18 Uhr, auf dem Ring (bei nassem Wetter in der Stadtkirche)
Die Ausstellung ist am 5.6. von 18-20:00 geöffnet.
Flyer Queer Spirit Edition

„film & wine“
Donnerstag, 16. Juni, 19 Uhr, Zentrum Bruder Klaus, Alfred-Aebi-Strasse 86, grosser Saal
Mit einem Spielfilm aus den USA, basierend auf einer wahren Geschichte

Gesprächsabend zu Bibel und Homosexualität
24. Juni, 18 Uhr, im Ring 3
Mit Roland Weber, Co-Präsident Verein Zwischenraum, Luzia Sutter Rehmann, Theologin, und Noël Tshibangu, Verein Dahlia (Förderung der sexuellen Rechte im kirchlichen Kontext).

In diesem Kontext zudem sehenswert:
„Wie Gott uns schuf“
Sie sind Priester, Ordensbrüder, Gemeindereferentinnen, Bistums-Mitarbeitende, Religionslehrer, Kindergärtnerinnen, Sozialarbeiter und vieles mehr. Hundert Gläubige outen sich und berichten von ihren Erfahrungen als queere Menschen in der katholischen Kirche. Eine Investigativ-Recherche im Auftrag von rbb, SWR und NDR. (Alle Interviews der 100 Gläubigen in der ARD Mediathek)