Die Bilder von Hervé Thiot überraschten die Vernissage-BesucherInnen am trüben Oktober-First Friday: Farbenfroh, aber bitterböse, phantasievoll auf Phantasiemangel hinweisend – die Cartoon-Bilder bringen auf den Punkt, wo es weh tut. Sie  zeigen Stadtentwicklung als überplantes Verbauen, Zudröhnen des Seeufers nach verschiedenen Maximen.

Die Grossüberbauung Agglolac bewegt die Gemüter. Die Planer von Agglolac betonen, dass man zwischen den Gebäuden immer wieder Sichtverbindung zum See habe. Der Uferpark werde zudem als möglichst offene Zone gestaltet. Bestehende Mauern, wie auch ein Stück Wald, sollen verschwinden oder so gestaltet werden, dass sie die Sicht nicht behindern. Das Hafenbecken soll zu einer mediterran anmutenden Marina ausgebaut werden.

Es ist nichHervè Thiot 2019t gesagt, dass die Bieler Stimmbevölkerung dem Vorhaben nächstes Jahr zustimmen wird. Darum stellt die Gruppe um Matthias Rutishauser und Florian Hauswirth die Frage, was mit dem unschätzbar kostbaren Freiraum am See bei einem Nein der Bevölkerung geschehen soll.  Geht die Planerei um das Expo02 Gelände am Ende von vorne los?

Quartier Nouveau möchte weder ein weiteres durchgestyltes Projekt sein, noch drängt es auf Brachland für kulturelle Veranstaltungen. Vielmehr möchte es das Momentum nutzen, um einen Gesamtentwurf vor unseren Augen entstehen zu lassen. Auf der Seebrache könnte statt einer definitiven Überbauung eine temporäre Stadt entstehen, an der immer weitergebaut wird. Mich faszinieren z.B. die tiny houses, die in Büros verwandelbar sind, aber auch zum Wohnen einladen. Statt auf einen Schlag zuzupflastern, abzuholzen, lädt Quartier Nouveau ein, Erfahrungen mit Formen und Material zu machen und, wenn die Umstände sich geändert haben, etwas Anderes zu machen.

Quartier Nouveau ist aber mehr als eine Empfehlung zu einem anderen Bauprojekt. Es plädiert dafür, sich Zeit zu nehmen für utopisches Denken. Utopie heisst «ohne Ort» und gleicht einem fragenden Einwand, einem grundsätzlichen, unstillbaren «Aber». Das Denken selber ist – nach der Philosophin Brigitte Weisshaupt – utopisch, weil es immer über das Bestehende hinausgeht zu dem, was noch nicht ist.

2020 ist es höchste Zeit, nach Gesamtentwürfen zu fragen, wenn man ein Seeufer verbauen will. Gesamtentwürfe sind ein Ringen um Orientierung, wohin es denn gehen könnte mit uns.

Am 29. Oktober, 18h, lädt der Arbeitskreis ein zu einem Diskussionsabend zu städtebauerischen Utopien am Seeufer mit Matthias Rutishauer, Florian Hauswirth, Katia Ritz, Anna Tanner und Beat Trummer, moderiert von Aline Joye.