Blue Community veröffentlichte keine Stellungsnahme zur Trinkwasserinitiative, über die in der Schweiz am 13. Juni abgestimmt wird. Sie erstellte aber ein Argumentarium, das zu denken gibt.

Theo Hofer, Wasserbotschafter von Blue Community, hat die Initiantin der Trinkwassernitiative, Franziska Herren, letztes Jahr nach Biel eingeladen. Sie hat die Ziele der Initiative erklärt und die Problematik des Trinkwassers in der Schweiz, speziell im Seeland, aufgezeigt.

Inzwischen hat es der Nationalrat abgelehnt, auf die bundesrätliche Agrarreform 22 auch nur einzutreten. Er formulierte einen Gegenvorschlag, der lediglich die Risiken bestimmter Pestizide einschränken möchte. Für Theo Hofer ist dieser Gegenvorschlag „ein Baströcklein, um die rücksichtlosen Interessen schamloser Gewinnorientierung auf Kosten von Umwelt und Natur zu verstecken.“

Versorgungssicherheit wird als Argument gegen die Initiative angeführt. Preisanstieg, Foodwaste, Importe von Lebensmitteln aus dem Ausland würden zunehmen und die Umwelt noch stärker belastet. Schweizer Eier, Schweinefleisch und Geflügel würden zu Luxusprodukten. In der letzten Woche lehnten die Delegierten auf Antrag des Vorstandes von Bio Suisse (Knospe) ebenfalls die Trinkwasserinitiative ab. Der Bioforscher Urs Niggli und Felix Wehrle von COOP sagen irritiert: Das Ziel der Initiative ist richtig, der Weg aber falsch!

Dies verunsichert die Bevölkerung. Wenn nicht einmal die Vertreter von biologischem Anbau dafür sind, dann kann doch etwas mit der Initiative nicht stimmen.

Was will denn die Initiative für sauberes Trinkwasser? Wieso soll ihr Ziel gut, ihr vorgeschlagener Weg aber fragwürdig sein? Hier gilt es generell zu sagen: die Umsetzung einer Initiative in einen Gesetzestext ist immer noch die Aufgabe des Parlaments. Es kann die Trinkwasserinitiative buchstäblich verwässern, trüben oder griffig machen. Der Weg, den die Landwirtschaft im Moment verfolgt, führt auf jeden Fall nicht zu pestizidfreiem Trinkwasser, sondern belastet die Böden, Gewässer, Pflanzen und Tiere wie auch die Gesundheit der Menschen.

Dabei wäre es falsch, die Bauern und Bäuerinnen als Sündenböcke zu bezeichnen. Darum sollte es nicht gehen. Sondern um eine Weichenstellung, die die Subventionspolitik des Bundes betrifft. Hier gilt es nachzudenken und Fragen zu stellen. Ähnlich, wie es in Sachen fossile Brennstoffe und Gebäudeisolation bereits getan wird. Die Initiative verlangt während einer langen Umstellungszeit landwirtschaftliche Forschung, Beratung und Investitionshilfen für diejenigen, welche die neuen Auflagen erfüllen.

Subventionen aus unseren Steuergeldern – 80% gehen in die Fleischproduktion – sollen nur noch in landwirtschaftliche Betriebe fliessen, die pestizidfrei produzieren, die Biodiversität erhalten oder wiederherstellen, einen Tierbestand halten, der mit betriebseigenem Futter ernährt werden kann. Ein Zukauf von einem anderen Schweizer Landwirt ist möglich. Die Reduktion des Stickstoffausstosses, kein Nitrat im Grundwasser durch zu viel Gülle, sind positive und dringend notwendige Auswirkungen auf den Klimawandel. Damit die Landwirtschaft anders produzieren kann, damit Biodiversität Zukunft hat, damit das Wasser zum Trinken bleibt, müssen die Subventionen des Bundes anders verteilt werden. Nur auf ein paar bestimmte Pestizide zu „verzichten“, ist kein Gegenvorschlag, sondern ein Weiter-wie-bisher – denn andere Pestizide werden den Platz der verbotenen sofort einnehmen.

Theo Hofer ist überzeugt, dass die Konsumierenden  mehr Verantwortung beim Einkaufen wahrnehmen können: „Denn schliesslich baut kein Landwirt etwas an, das er nicht verkaufen kann! Die Gegner meinen, die verlangte Qualität könnte bei Annahme der Initiative nicht mehr gewährleistet werden. Wer bestimmt die Qualität, wenn nicht die Konsumenten?“ Und er fragt weiter: „Müssen wir täglich Fleisch essen? 17’000 Liter Wasser braucht es insgesamt für die Herstellung von 1 Kilo Rindfleisch. Brauchen wir immer volle Regale beim Grossverteiler mit Früchten und Gemüsen aus allen Regionen der Welt und zu jeder Zeit?“ Und er betont: „Die Initiative für sauberes Trinkwasser lässt uns allen, den Landwirten und den Konsumenten, grossen Spielraum. Konventionelle Landwirtschaft wird nicht verboten, sie wird einfach nicht mehr aus Steuergeldern subventioniert. So werden wir Konsumenten auch nicht gezwungen auf total Bio umzustellen.“

Die Trinkwasserinitiative gibt zu reden. Wichtig ist, dass sie auch zu denken gibt. Beide Agrarinitiativen sind ein Aufruf, jetzt Weichen zu stellen.

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