Wie «funktioniert» Diskriminierung? 

Der Arbeitskreis für Zeitfragen (AfZ) organisierte, gemeinsam mit der Fachstelle Integration der Stadt Biel, am 19. März einen Sensibilisierungsabend mit dem Kinofilm «Flee» und einer anschliessenden Podiumsdiskussion, die sich mit der verdeckten Realität von Diskriminierungserfahrungen sowie entsprechenden Handlungsoptionen auseinandersetzte. Dabei standen die Mechanismen von Diskriminierung im Zentrum. Kaum jemand will von sich selbst denken und zugeben, andere Menschen aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht(sidentität), Religion oder ethnischer Zugehörigkeit zu diskriminieren; Betroffene berichten aber von teils einschneidenden Diskriminierungserfahrungen. Wie passt das zusammen? 

«Flee», ein preisgekrönter Animationsfilm, erzählt die wahre Geschichte von Amin, einem nach seiner Flucht aus Afghanistan in Dänemark offen homosexuell lebenden Akademiker, der jahrelang nicht über seine Herkunft und seine teils erfundene Fluchtgeschichte sprechen konnte. Mit 16 Jahren war er aus Afghanistan über Russland nach Europa geflüchtet. Er hatte Angst, sich seiner Vergangenheit und seinen Erinnerungen zu stellen. Zudem hatte er als Jugendlicher seine schreckliche und wahre Fluchtgeschichte zu einer für die Behörden noch tauglicheren Geschichte umgestaltet und diese Scheinerzählung unter grossem Druck über Jahre aufrechterhalten. Die berührende Geschichte zeigte dem Publikum verschiedene Facetten von Flucht, Ungleichbehandlung, den Schwierigkeiten unterdrückter sexueller Identität und vom Überleben in einem unfreundlichen Umfeld.

An der Podiumsdiskussion diskutierten drei Fachpersonen die Themen Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Transfeindlichkeit: Welche Realitäten von Diskriminierung und welche Handlungsmöglichkeiten gibt es? Die Spezialist*innen konnten schnell aufzeigen, wie viel bei diesen scheinbar ganz unterschiedlichen Formen von Diskriminierung doch ähnlich abläuft.

In vielerlei Hinsicht hätten die diskriminierten Gruppen praktisch ausgetauscht werden können. Ari Lee zeigte anschaulich und konkret, wie Diskriminierungsmechanismen das Leben von Betroffenen negativ beeinflussen können. So seien sich etwa Teile der Gesellschaft schlicht nicht bewusst, dass es solche Erfahrungen überhaupt gibt, da sie es nicht selbst erleben. Mit Blick auf den Sexismus kritisierte Dr. Ruth Schäfer insbesondere die Vertröstung von Frauen in der Schweiz mit dem Hinweis, es sei doch heute schon viel besser als früher und etwa im Iran ginge es den Frauen schliesslich noch weitaus schlechter. Gleichstellung heisse wirklich «gleich» und nicht nur besser als früher oder anderswo. Frauen haben Grund genug, noch längst nicht zufrieden zu sein. Dr. Gülcan Akkaya von der Hochschule Luzern bekräftigte die entscheidende Rolle der staatlichen Institutionen bezüglich der Rahmenbedingungen für Gesetzesbestimmungen, insbesondere, was die hohe Beweislast und den geringen Schutz der Opfer angehe.  

Der Abend wurde von vielen der Anwesenden als sehr wichtig gewürdigt. Der AfZ, als Teil der Kirche, wird an diesen Themen «dranbleiben». 

Noël Tshibangu