Bitte stelle dich unseren LeserInnen vor
Vielen Dank! Ich bin Mitte 40 und wohne mit meiner Familie in Olten. Ich mag es, Zeit in der Natur zu verbringen, zusammen mit mir nahen Menschen oder mit guter Lektüre. Aufgewachsen bin ich in Bätterkinden, als Enkelin eines Pfarrers, der mich früh schon ermunterte, kritisch zuzuhören und nachzufragen. Ich studierte in Bern Theologie, mit den Schwerpunkten Praktische Theologie, Feministische Ansätze und Ökumene. Das Vikariat leistete ich in Bern-Bethlehem, mit viel interkultureller und interreligiöser Arbeit. Danach hatte ich während zehn Jahren in Münsingen ein allgemeines Pfarramt inne, mit Schwerpunkten in der Arbeit mit Familien und der Ökumene.
Vor sechs Jahren nahm ich das Amt als Präsidentin des Dachverbands ‘femmes protestantes’ an – die Organisation hiess vormals ‘EFS, Evangelische Frauen Schweiz’. Diese Anstellung lief im Mai aus, und so habe ich mich letzten Herbst auf die Stelle in Biel beworben.

Was hat dich an der neuen Stelle angesprochen?
An meiner vorherigen Stelle bearbeitete ich thematische Schwerpunkte, insbesondere die Gleichstellung der Geschlechter, und habe mich dafür stark gemacht.
Manchmal vermisste ich dabei jedoch das Pfarramt. Deshalb sprach mich die Kombination von klassischen pfarramtlichen Aufgaben und der Möglichkeit, gesellschaftspolitisch relevante Themen bearbeiten zu können und Raum zum Gespräch zu bieten, sehr an.

Worauf freust du dich?
Ich freue mich auf Vieles! Auf die Menschen, die Stadt Biel, darauf, Neues zu entdecken, das grosse Team kennen zu lernen, auf die Momente des miteinander Feierns. Auch darauf, Angebote zu dem, was die Menschen beschäftigt, zu entwickeln und zum Austausch einzuladen.

Welchen Schwerpunkt wirst du bei den Themen des Arbeitskreises einbringen?
Mich interessieren alle Themen, die der Arbeitskreis bisher bearbeitet, sehr. Interreligiöses Miteinander ist von grosser Bedeutung in unserer multikulturellen Gesellschaft, gerade auch im Hinblick auf ein friedliches Zusammenleben.
Aus meinem Hintergrund nehme ich das Anliegen einer geschlechtergerechten Gesellschaft mit und freue mich, in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen aktiv zu sein. In meinem Verständnis von Feminismus spielt auch die Ökologie eine wesentliche Rolle, so kann ich mir gut vorstellen, in diesem Bereich Angebote zu entwickeln.
Meine Herangehensweise ist jedoch, erst ankommen, und danach gemeinsam mit dem Team und den Menschen vor Ort schauen, was ansteht.

Welche Angebote wirst du schaffen?
Zurzeit treiben mich und viele Menschen Themen wie die Gefährdung der Demokratie um; der Stellenwert von Solidarität, die Bedeutung von ‘Sicherheit’ für Frauen und marginalisierte Gruppen, der Wert von Pazifismus in einer Zeit der Aufrüstung. Mir ist es ein Anliegen, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, Menschen mit verschiedenen Hintergründen zusammen zu bringen und die Empathie zu fördern.

Wie gestaltest du den Dialog mit der Gemeinde?
Das ist wohl eine der wichtigsten Aufgaben der Kirche: das Gespräch mit den Menschen.
Indem wir Angebote schaffen, die die Möglichkeit geben, Fragen und Anliegen einzubringen, wird Dialograum eröffnet.
Das geschieht in den bekannten Gefässen wie Gottesdiensten, aber auch da, wo wir Neues ausprobieren und dahin gehen, wo die Menschen sich treffen. Und selbstverständlich ist ‘Gemeinde’ immer offen – sie ist keine abgeschlossene Gruppe, sondern lädt alle ein. Auf jeden Fall möchte ich versuchen, Brücken zu schlagen, mit einer Haltung der Offenheit, Neugierde, Zugewandtheit, und nicht zuletzt mit Humor.

Woran glaubst du?
Die grosse Frage! Glaube verändert sich und darf sich verändern: wie ich darüber spreche, welche Worte ich finde für Erfahrungen mit dem Göttlichen und diesem Wissen, das über das Verstehen hinaus geht.
Ich formuliere es heute so: Ich glaube an Gott, die in den Menschen wirkt, sie anstösst zum Guten, die spürbar wird im liebevollen und befreienden Miteinander von Menschen; an eine Kraft, die mich umgibt und hält, die ich unter anderem in der Natur spüre. Und ich halte an der widerständigen Hoffnung fest, dass eine gerechte, friedliche Welt möglich ist!

Das Gespräch führte Sabine Schnell, Kirchgemeinderätin