In allen Bereichen des alltäglichen Lebens – auch in der Kirche – begegnen Menschen rassistischen Einstellungen und Diskriminierung. Wie werden wir wacher für diese Ausgrenzung? Wie können wir sie vermeiden und unsere eigene Einstellung verändern? Diesen Fragen stellte sich die Tagung der Frauen- und Genderkonferenz zu «Rassismus. Kirche. Perspektiven.»
Anhand ihrer eigenen Familiengeschichte machte die Soziologin Anja Nunyola Glover deutlich, wie verflochten Kolonialismus und Missionstätigkeit waren. Indem die Missionare das «Weiss sein» als Krone der Schöpfung darstellten, legten sie einen der Grundsteine für den bis heute anhaltenden Rassismus. Sie ging besonders auf die Herabsetzung der Frauen als «weiter weg von Gott» ein und sprach damit die intersektionale Diskriminierung an, die für feministisches Denken und Handeln von grosser Bedeutung ist. Den Rassismus nur anderen zuzuschreiben, helfe nicht weiter. Vielmehr muss es darum gehen, rassistische Gedanken, die man durch die Sozialisation in sich trage, zu erkennen. «Wir leben in einem rassistischen System, aber wir können etwas dagegen tun.» Aktives Umdenken, Lernbeziehungen, das Bitten um Entschuldigung und das Hinterfragen von Macht sind wichtige Schritte auf dem Weg.
Im zweiten Referat legte die Waadtländer Pfarrerin und feministische Theologin Aude Collaud eine Passage aus dem Hohen Lied aus. Je nach Bibelübersetzung beschreibt sich darin eine Frau als «schwarz, aber schön» oder «schwarz und schön». Collaud machte dabei deutlich: Abweichungen von der vermeintlichen Norm werden hervorgehoben, man spricht dem Gegenüber die Zugehörigkeit ab (Othering). Solche Zuschreibungen begegnen der Pfarrerin, selbst eine Person of Color, auch in der Schweiz. Sie zeigte in ihrem Vortrag, dass auch Kirchgemeinden trotz gutem Willen und Willkommenskultur nicht gefeit sind vor rassistischem Verhalten, sich viele Schwarze Menschen in der Kirche fremd und nicht willkommen fühlen und manchmal gar neue Gräben geöffnet werden. Sie sprach sich u.a. für Begleiter:innen aus, die Menschen dabei unterstützen, die jeweiligen (oft unausgesprochen) kulturellen Codes in Systemen zu entschlüsseln.
Wie schwer es sein kann, von der Ablehnung des Rassismus ins aktive Handeln dagegen zu kommen, zeigte Katarina Stigwall, Leiterin der HEKS-Beratungsstelle gegen Rassismus und Diskriminierung in der Ostschweiz, im letzten Teil der Tagung auf. 80% der Schweizerinnen und Schweizer erkennen Rassismus als ernsthaftes Problem an und wollen sich dagegen engagieren, aber nur acht Prozent würden bei einem rassistischen Vorfall dazwischengehen. Für unseren Alltag gab sie den Tipp mit, rassistische Aussagen oder auch Witze offen zu hinterfragen: «Was meinst du damit?» oder «Warum sagst du das?». So könne evtl. etwas bewegt werden.
Am Ende der intensiven Tagung war den Teilnehmerinnen noch bewusster, wie stark wir alle geprägt sind von rassistischen Normen. Diese zu überwinden bedeutet Arbeit – vor der wir uns, gerade als Kirche – nicht drücken können.